[Lore] Die letzten Worte des Thelonius, des Schreibers – Teil IV

    • Offizieller Beitrag

    Das Zeitalter der Königreiche (~2350 bis 2996)
    Es heißt, dass Oroaels Lehren den Weg für die Vier Königreiche bereiteten: Gallien, Gothien, Iberien und Anatolien. Der Handel blühte auf, Straßen wurden über heiligem Boden gebaut, und Städte erhoben sich, gekrönt von Kathedralen, Observatorien und Zunfthallen. Die Menschheit erreichte eine Blüte an Schönheit und Wissen, wie sie seit Atlantis nicht mehr gesehen worden war.

    Doch nichts, was von Menschenhand geschaffen ist, bleibt ewig rein.

    Mit dem Wachstum der Königreiche wuchsen auch die Risse in ihrem Innern. Edle schmiedeten Pläne hinter geschnitzten Türen. Assassinen wandelten unter den Jüngern. Kulte flüsterten aus Krypten und Kellern. Relikte aus der Zeit des Sturms wechselten heimlich den Besitzer, und uralte Sünden schlichen sich zurück in die tanzenden Schatten jener, die nur auf das Licht starrten.

    Und in dieser Zeit offenbarte sich Eleleth.

    Sie war bereits durch die Welt gewandert. Obwohl sie eine Bischöfin aus der Stadt Monastir war, predigte sie nie von Thron oder Kanzel. Man kannte sie als Suchende jener Orte, die die Gläubigen fürchteten, und als Spenderin von Glauben an jene, die sich fürchteten. Ihre Tugend war die Widerstandskraft – nicht des Fleisches, sondern des Geistes: die Stärke, weiterzusuchen, selbst wenn der Pfad sich ins Dunkel wandte.

    Sie studierte den Feind nicht, um ihn zu verehren, sondern um ihn zu verstehen. Aus Ruinen, Schriftrollen, wilden Stämmen und dem Schweigen der Fey sammelte sie zerbrochene Teile eines vergessenen Ganzen. Ihre Gaben waren zahlreich: Bannzeichen, Tränke, Tätowierungen, Glyphen, bindende Salze und Strukturen, die in Stille sprachen. Sie versiegelte den Schmelztiegel der Dornen – die tiefste noch offene Wunde der Schöpfung. Noch heute trägt er ihr Zeichen.

    Und jedes Königreich erinnerte sich anders an sie.

    In Anatolien nannte man sie Djannara, den Dschinn im Fleisch, einen Geist im Körper, der die Namen der Dämonen kannte und die Worte, um sie zu bannen.

    In Iberien war sie Zahariah, der Nebel der Schmiede, die Segen ins Eisen flüsterte und Schutz in die Steine von Häusern und Kapellen ritzte.

    In Gallien erinnerte man sich an sie als Cléveria, die Architektin des Lichts, die die Baumeister lehrte, atmende Bögen zu errichten und Glas mit Göttlichkeit zum Leuchten zu bringen.

    In Gothien, unter Schnee und Asche, war sie Haljaska, die Kennerin des Aschenlieds, eine Schamanin, die die Toten zur Ruhe sang und umherirrende Geister mit Faden und Atem band.

    Aus ihren Lehren gingen viele Orden hervor – einige verborgen im Schatten, andere offen im Licht. Am sichtbarsten waren die Wächter des Schleiers, Erbauer glyphenmarkierter Türme an Knotenpunkten der Ley-Linien. Ein anderer, weit stillerer, war der Orden der Akolythen des Ungesehenen Fadens, die Schutzzauber in Umhänge nähten und Träume mit Zeichen bewahrten. Von diesen Orden sind nur wenige noch bekannt. Nur die Hüter des Verborgenen Lichts bestehen fort – sie beobachten, ohne zu beanspruchen.

    Es kam die Zeit, da diese Orden gemeinsam aufstanden. Nicht mit Schwertern, sondern mit Zeichen und Worten. Nicht mit Schlachtrufen, sondern mit Stille. Spätere Gelehrte nannten es den Stillen Kreuzzug – einen Krieg aus Siegeln, Erinnerung und Gesang. Die Verderbnis wurde nicht durch Armeen aufgehalten, sondern durch Rituale. Glyphen sangen zu den Wänden. Tinte hielt die Dunkelheit zurück.

    Und Eleleth lebte durch all das hindurch. Vielleicht länger, als sie sollte.

    Sie ist die einzige Erlöserin, deren Aufstieg nie bezeugt wurde. Einige sagen, sie sei aus freiem Willen ein Wiedergänger geworden und habe den Himmel verweigert, bis ihr letztes Siegel gezogen war. Andere sagen, sie wandere noch immer durch die versiegelten Orte.

    Ihr Grab liegt unter dem Axis Mundi, in der tiefsten Krypta, wo selbst die hellsten Kerzen dunkler brennen. So heißt es zumindest.

    Ihre Schreine findet man nicht in den hohen Städten, sondern an vergessenen Pfaden – in Stein gehauen, verborgen unter Ranken. Die alten Stämme sprechen noch ehrfürchtig ihren Namen, ebenso wie Einsiedler, Wanderer und die Gläubigen, die das Schweigen mit Sorgfalt bewahren.

    Nicht für ihr Licht,
    sondern für ihre Stärke.

    —Thelonius, der Schreiber

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